Der weltgrößte Stahlerzeuger will an der Dekarbonisierung seiner europäischen Werke mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festhalten, die erforderlichen Schritte aufgrund des wirtschaftlichen und regulatorischen Umfelds aber überarbeiten. Die endgültige Investitionsentscheidung werde von den Entwicklungen im Jahr 2025 abhängen.
„Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir unser Ziel, bis 2050 Netto-Null zu erreichen, noch erreichen können - aber die Art und Weise, wie wir dies erreichen werden, könnte von dem abweichen, was zuvor angekündigt wurde“, sagt. Aditya Mittal, CEO von ArcelorMittal.
Der weltgrößte Stahlerzeuger stellt bis 2030 geplante Investition in wasserstofftaugliche DRI-EAF-Anlagen in Europa in Frage. Das Unternehmen begründet diesen Schritt mit den veränderten politischen Rahmenbedindungen in der EU und einem schwachen Energie- und Marktumfeld. Bevor endgültige Investitionsentscheidungen getroffen würden, müsste sichergestellt sein, dass die Stahlherstellung mit höheren Kosten in Europa auch ohne einen globalen CO2-Preis wettbewerbsfähig sein könne.
Der Konzern hatte als einen ersten Schritt zur Reduzierung der Emissionen angekündigt, in wasserstofftaugliche DRI-EAF-Anlagen mit geringeren CO2-Emissionen zu investieren, um mehrere Hochöfen in seinem europäischen Geschäft zu ersetzen. In allen Fällen hätten die Länder mit Zustimmung der Europäischen Kommission finanzielle Unterstützung für diese Projekte angeboten. Die europäische Politik sowie das Energie- und Marktumfeld hätten sich jedoch nicht in die erhoffte Richtung entwickelt. Projekte für grünen Wasserstoff entwickelten sich nur sehr langsam und die erdgasbasierte DRI-Produktion in Europa sei als Übergangslösung noch nicht wettbewerbsfähig.
Überprüfung des CBAM
Das Unternehmen erwartet für 2025 wichtige Entwicklungen, so die Überprüfung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM), die Überprüfung der Handelsschutzmaßnahmen und die Veröffentlichung des europäischen Aktionsplans für Stahl und Metalle. Die Bereitschaft der Kunden, für CO2-reduzierten Stahl einen Aufpreis zu zahlen, sei begrenzt. Der CBAM weise erhebliche Schwachstellen auf und als Reaktion auf die steigenden Importe aufgrund der chinesischen Überkapazitäten müssten die handelspolitischen Schutzmaßnahmen verstärkt werden. Nach Abschluss dieser Initiativen würden die erforderlichen Parameter zur Gestaltung des Geschäftsmodells für Investitionen in die Dekarbonisierung in Europa vorliegen.
Fokus Elektrolichbogenöfen
In der Zwischenzeit will ArcelorMittal mit dem Bau von Elektrolichtbogenöfen, die mit Stahlschrott beschickt werden können, die Emissionen reduzieren. So habe das Unternehmen im Mai mit dem Bau eines 1,1 Millionen Tonnen Elektrolichtbogenofens (EAF – Electric Arc Furnace) im Langstahlwerk Gijón, Spanien, begonnen, was zu einer Reduzierung von 1 Million Tonnen CO2 führen werde. Auch der Kapazitätsausbau mit zwei EAFs im spanischen Flachstahlwerk in Sestao auf 1,6 Millionen Tonnen bis 2026 schreite voran. Nach der Fertigstellung werde ein Großteil dieser Produktion aus recycelten und erneuerbar hergestellten CO2-armen Stahl der Bezeichnung XCarb bestehen, der einen CO2-Fußabdruck von 300 kg pro Tonne produziertem Stahl aufweise. ArcelorMittal sieht sich mit diesem Produkt als Marktführer von CO2-reduziertem Stahl und sei auf dem besten Weg, den Absatz in diesem Jahr auf rund 400 000 Tonnen zu verdoppeln.
Kohlenstoffabscheidung auf der Agenda
Langfristig will das Unternehmen allen Technologien verpflichtet bleiben, die das Potenzial bieten, die Stahlproduktion auf nahezu null zu reduzieren. Dazu gehört auch die Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) – wobei diese Technologie, wie auch grüner Wasserstoff, voraussichtlich erst nach 2030 in nennenswertem Maß zum Tragen kommen werde. Im ArcelorMittal-Werk in Gent, Belgien, ist bereits eine CCU-Anlage im industriellen Maßstab in Betrieb, und zwei weitere Pilotprojekte in Gent sind im Gange. Quelle: ArcelorMittal