10.11.2015
Die Stahlkonjunktur hat sich im dritten Quartal eingetrübt, vor allem als Folge von lagerzyklischen Entwicklungen. Vor dem Hintergrund zuletzt schwacher Auftragseingänge rechnet die Wirtschaftsvereinigung Stahl damit, dass die Rohstahlproduktion 2015 nicht über das Vorjahresniveau von 42,9 Mio. t hinaus kommen wird. 2016 dürfte sich die Stahlnachfrage in Deutschland erholen, da die Konjunktur bei den Verarbeitern weiterhin solide verlaufe.
„Über die Stahlindustrie sind weltweit dunkle Wolken aufgezogen. Auch die wettbewerbsstarke Stahlindustrie in Deutschland kann sich davon nicht vollständig entkoppeln“, so Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, aus Anlass der Jahrestagung „STAHL 2015“ in Düsseldorf. Hintergrund seien dramatisch gestiegene chinesische Exporte, die das internationale Marktgefüge störten und zunehmend auch auf den EU-Markt drängten. Im kommenden Jahr dürften die Überkapazitäten in China weiter wachsen und voraussichtlich die 400 Mio.-t-Grenze überschreiten. Die Kapazitätsüberhänge in China entsprechen damit nahezu dem Stahlbedarf in der gesamten OECD.
„Die EU-Handelsschutz-Verfahren müssen deshalb konsequenter angewendet und schneller durchgeführt werden“, fordert der Verbandschef, auch vor dem Hintergrund des heute dazu in Brüssel stattfindenden Sonder-Wettbewerbsrats der europäischen Wirtschaftsminister. Wenn ausgerechnet jetzt die Europäische Union China den Status einer Marktwirtschaft verliehe, würden die Abwehrmöglichkeiten gegen Dumping in einer Situation entscheidend geschwächt, in der sie dringend gebraucht werden.
Hinzu komme auch ein klimapolitischer Aspekt: Stahlimporte aus China weisen mehr CO2-Emissionen auf, als die Produktion derselben Menge in der EU haben würde. „Das zeigt, dass einseitige Klimaschutzbemühungen zu nichts führen“, sagt der Verbandschef mit Blick auf die Pariser Klimakonferenz. „Die Konferenz in Paris wird nur dann ein Erfolg sein, wenn es zu messbaren und vergleichbar ambitionierten Beiträgen aller Staaten mit unmittelbarer Wirkung auch für die jeweilige Stahlproduktion kommt.“
Zu den dunklen Wolken, die die Stahlindustrie bedrohen, gehört auch die Energie- und Klimapolitik. Kerkhoff: „Vor dem Hintergrund der schwierigen Lage in der europäischen Stahlindustrie können keine weiteren Belastungen durch die Energie- und Klimapolitik verkraftet werden.“ Wenn die EU-Kommission bei ihren Plänen zum Emissionshandel bleibe, stehe die Existenz der Stahlindustrie in Europa auf dem Spiel. „Wir begrüßen sehr, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme von Freitag klare Unterstützung für die erforderliche Überarbeitung des Emissionshandelsvorschlags signalisiert. Nun hoffen wir, dass auch die Bundesregierung entsprechend gegenüber Brüssel Position bezieht“, erklärt Kerkhoff.
WV Stahl, Düsseldorf